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Unser Skiurlaub 2001/2002

Also, um das noch mal hervorzuheben, mein erster Skiurlaub überhaupt. Zusammenfassend: Es war so genial, daß ich schon lange vorhatte, eine Art Tagebuch zu schreiben. Inzwischen ist es Mitte Februar und außer einem immer noch leicht schmerzenden Daumengelenk erinnert nicht mehr viel an die unvergleichlichen Tage in LaClusaz.

 

Tag

Vormittag

Nachmittag

Abend

Essen

Sonstiges

Sa, 29.12.2001

Vormittag ist gut! Fahrt nach LaClusaz von 3:00 bis 10:00

Pisten“spaß“ im Regen,

M&M im Schneesturm

Einzug, erster Kontakt mit Madam LeMaitre; Bluff

Linseneintopf mit Würstchen

Auto verkocht Wasser und Öl

So, 30.12.2001

P&H erste ernsthafte Pflugversuche; M&M Tiefschnee auf Balme

Blaue Piste lebend; Schlange

Dorfbesichtigung: Schokoladenladen; Nobody’s Perfect

Spaghetti mit kreativer Sauce

Neuschnee!

Mo, 31.12.2001

H&Mi Anfahrt zum L’Etale über rote Piste; P&Ma Tiefschnee auf Balme

H&Ma Schlepplifte und sicherer Pflug; P&Mi

Sylvesterabend: Tiefkühl-Fondue, Spiele, Risiko, französische Raketenstarts

Fondue

Sonnenschein; Jahreswechsel!!

Di, 01.01.2002

P&H Stemmbogen

M&M Balme

Ganz rauf!!! Rote Pisten

Reifenrutschen, Uno, Nobody’s Perfect

Schupfnudeln mit Sauerkraut

EURO!!

Mi, 02.01.2002

P&H Parallelschwung

M&M Balme

Alle zusammen auf den Balme; schwarze Piste

Essengehen: Käsefondue bzw. Rinderbraten mit Gratin

Eben

Es ist bemerkenswert, was ein Mensch noch schafft, der eigentlich den Punkt der totalen Erschöpfung erreicht hat.

Do, 03.01.2002

Treffen am Balme

Rückkehr um 14:00; Bummeln und Einkaufen im Ort

Romme

Maultaschen-Variationen

Schlechte Schneeverhältnisse

Fr, 04.01.2002

Mi in Werkstatt; M&P&H auf Balme

Rückkehr um 14:00; Bummeln und Einkaufen, Aufräumen

Spiele auf dem Marktplatz; Räuchermann

Resteessen

Pisten unbefahrbar

Sa, 05.01.2002

Klar Schiff, Abfahrt um 10:00

 

 

 

 

 

Es erscheint mir ungeschickt, mich an einer chronologischen Erlebniserzählung zu versuchen, deshalb soll der tabellarische Abriss soweit genügen und ich werde episodenhaft weiterschreiben.

Die Truppe

Eigentlich wären wir ja ein Quintett gewesen, aber Claudia (eine Kommilitoning) hatte uns im Stich gelassen, weil sie mit einer Freundin schon zu einer Schwanensee-Aufführung des russischen Staatsballetts verabredet war. So blieben Martin und Michael Thaler, die ja eigentlich nur noch Mitfahrer und –zahler gesucht hatten, sowie Patrick und ich.

Michi - Der Bruder

Michi (Autokennzeichen BC-MT 1974) ist, wie sein grüner Automatik-Audi vermuten lässt, 27 Jahre alt. Das schien mir zuerst ein relativ großer Unterschied zu sein, aber es stellte sich schnell heraus, daß wir es manchmal schwer hatten, in Sachen kindischer Albernheit gleichzuziehen. Er unterscheidet sich von den anderen Skifahrern durch seine gelbe Skibrille. „Nobody’s perfect“ ist kein Spiel für Michi. Dabei liegt das Problem nicht darin, daß er keine kreativen Vorschläge bringt, sondern daß es ihm unmöglich ist, als Spielleiter die möglichen Antworten ernsthaft vorzulesen. Vor allem Martins Idee war so immer sehr einfach herauszuhören. Michi ist einer der gutmütigsten Menschen, die ich kenne. Außerdem kocht er ganz hervorragend und ist ein unendlich geduldiger Lehrer. Das kann ich ganz sicherlich beurteilen, denn erst ein hoffnungsloser Fall von Schüler stellt die Beherrschung eines Lehrers auf die Probe.

Der Thalermann

Martin (Autokennzeichen BC-MT 2999) arbeitet bei Elcoteq in Überlingen (schläft dort im Wohnwagen) und besitzt das schönste und beste Auto, das ich je gefahren bin. Nicht, daß das schon so viele gewesen wären, aber trotzdem. Abgesehen davon ist er ein gutaussehender Kerl, zu erkennen an der roten DEKRA-Kappe. Er ist eigentlich immer gut drauf, und was Zuverlässigkeit und Freundlichkeit angeht, sucht er seinesgleichen. Martin fährt sehr gut Ski. Inzwischen wurde er unerwartet (?) Vizemeister bei den Riedlinger Stadtmeisterschaften – der Siegessekt steht noch immer ungetrunken in seiner Wohnung. Bis heute suchen wir – Claudia und ich – eine Sportart, bei der wir mit einer reellen Chance ein Duell annehmen können.

Der Emotionale

Patricks Tendenz, immer alles viel zu ernst zu nehmen, kann zwar sehr anstrengend sein, aber auch für viel Erheiterung sorgen. „Risiko“ haben wir nur einmal gespielt, nachdem Patrick schon fast suizidgefährdet war, weil sich „alle Welt gegen ihn verschworen hatte“. Dafür ist er ein hervorragender Bluffer. Ich werde nie wieder zwischen Martin und Patrick „Bluff“ spielen, es ist ein chancenloser Platz. Auch Patrick fährt, soweit ich das beurteilen kann, sehr gut Ski, er legt großen Wert auf sauberen Stil und sichere Fahrweise. Es gibt eben doch einen Unterschied zwischen Straße und Piste.

Die Anfängerin

Ich habe gar kein Auto. Behaupten zumindest böse Zungen, die meinen Panda nicht in diese Kategorie einstufen wollen. Für mich war es der erste Urlaub mit Freunden überhaupt, und die erste Chance, es mit dem Skifahren zu versuchen. Irgendwie war ich über meinen eigenen Schneid überrascht, daß ich mitgefahren bin. Aber es war einsame Spitze. Ich war ganz gut bei „20ab“, und an Sylvester stellte sich heraus, daß ich unter Alkoholeinfluß auch ein sehr guter Bluffer sein kann.

Autofahrten Hinfahrt

Zu einer Zeit, die mit bestem Gewissen als unchristlich bezeichnet werden kann, klingelte Patricks Handy. Ganz laut, immerhin hatte er es am Abend zuvor extra so eingestellt. Und wir waren wach. Was jeden anderen Menschen um drei Uhr morgens wohl verärgert hätte, aber nicht uns – zumindest nicht an diesem ganz speziellen Samstag. Immerhin ist es ja nichts Neues, daß Reiter und Skifahrer ganz eigene Vorstellungen in Sachen Aufstehzeit am Wochenende haben. Der Ehrlichkeit halber sollte vielleicht erwähnt werden, daß der Anrufer bereits eine gute Stunde vorher auf den Beinen war, denn Martin und Michi holten Patrick und mich in Aach ab.

Der Gepäckberg war beeindruckend. Irgendwie wirkte es, als hätte Patrick sein mobiles Hab und Gut zusammengetragen, um in wärmere Gefilde auszuwandern. Was selbstverständlich in keiner Weise der Wirklichkeit auch nur im entferntesten entsprochen hat, denn erstens ist es in Ostfrankreich um Sylvester ganz bestimmt nicht warm, und zweitens wären dann Skier, Traktorreifenschläuche (die wir am Abend zuvor in lebensgefährlicher Aktion vom Oberdeck der Gnirs´schen Tenne geholt hatten), taschenweise warme Unterwäsche, Schneezeug und Gesellschaftsspiele eher fehl am Platze gewesen. Für den Nahrungsmittelvorrat zeichneten die Thalers verantwortlich und es wurde schon deutlich, daß es nicht ihr erster Winterurlaub werden sollte. Wenn ich mich recht erinnere, geht aber gerade in Sachen Essensplanung an dieser Stelle ein Dank an Mama Thaler. Der Sägemehlanhänger, der auf den ersten Blick vielleicht etwas überdimensioniert wirkte, wurde auf jeden Fall gut vollgepackt, die eigens montierte Plane festgezurrt und schon konnte es losgehen in Richtung Schweiz.

Die anfängliche Aufregung – ob allgemeiner oder nur mich betreffender Art mag hier dahingestellt sein – legte sich nach ziemlich genau 30 Minuten. Das war der Moment, zu dem ich bereits die Hälfte meiner Brote gegessen hatte und mich gut genug auf Michis Rückbank eingelebt hatte, um zu schlafen. Es war ja auch eher langweilig, über schweizer Autobahnen zu fahren – wenn auch der EU-Grenzen überschreitende Grenzübergang mit Passkontrolle irgendwie unwirklich erschien – bis dann die Begriffe auf den Straßenschildern von einem nüchternen, leicht verständlichen Deutsch in ein verspieltes und seltsam geheimnisvolles Französisch wechselten. In Frankreich selbst ist dem unwissenden Touristen eine Vielzahl von Unbekanntem zum Entdecken geboten. Was auffällt, sind die Mautstationen. Es ist ganz definitiv nämlich so, daß es der Franzose im Allgemeinen nicht so gerne sieht, wenn man sein Land in hohem Tempo durchquert. Das Tempolimit von 130km/h scheint hierfür nicht auszureichen, denn sie bauen in regelmäßigen Abständen kleine Straßensperren, an denen der geduldige Autofahrer einen Bon erwerben bzw. einlösen kann, der ihm sichere Weiterfahrt garantieren soll. Schutzgeld nannte man so etwas früher. Da wir nachts unterwegs waren, verloren wir an diesen Gebührenstellen neben einer Reihe Francs nicht weiter Zeit. Das sollte auf der Heimfahrt anders werden. Sobald man dann die Autobahnen verlassen hat, findet man sich in einer griechischen Kulturgegend wieder. Der Kreis ist die absolute Form und wird als solche bei jeder Gelegenheit zelebriert. Diese straßenbautechnische Raffinesse findet ja seit ein paar Jahren auch in Deutschland immer mehr Anhänger. Trotzdem ist der Kreisverkehr an sich eine praktische Sache, denn auch wenn Schilder extra auf „Nur eine Runde bitte!“ hinweisen, können Schwächen in der Routenplanung durch Ignorieren eben dieser Anweisung leicht ausgeglichen werden.

Etwa 10km vor LaClusaz, es war inzwischen hell und man hatte sich an die etwas andere Architektur gewöhnt, fiel Michis Auto etwas Neues ein, um für Abwechslung zu sorgen. Die Straße zog sich schon eine Weile ziemlich steil bergwärts dahin, und die Unterhaltung drehte sich um Sinn und Unsinn von Schneeketten im allgemeinen und bei aktuell relevantem Schneeregen im speziellen, als Michi feststellte, daß eben dieser Schneeregen beim Auftreffen auf die Motorhaube verdampfte. Ein Blick in den Motorraum zeigte, daß das Kühlwasser vollständig verkocht war. Außerdem schien wohl die Kühlung nicht richtig zu funktionieren, aber der Diskussion, die sich an diese Vermutung anschloss, konnte ich leider nicht ganz folgen. Mit zwei Litern stillem Mineralwasser im Kühlkreis des Autos und einem komischen Gefühl im Bauch fuhren wir zur nächsten Tankstelle. Das eben eingefüllte Wasser hatte sich schon wieder verabschiedet, aber die Dame an der Tankstelle konnte uns zumindest damit weiterhelfen. Was nun eigentlich kaputt war, haben wir nie rausgefunden, denn von da an benahm sich der Wagen wieder anstandslos, verbrauchte normale Mengen Wasser und Öl – das er extra noch frisch bekam – und fuhr zuverlässig und ohne Beanstandung nach LaClusaz. Und eine Woche später wieder zurück.

0100 Ortszeit GMT-1h waren wir in LaClusaz. Und dort standen wir dann etwa eine halbe Stunde mitten auf der Kreuzung vor dem Touristenbüro, bis alle Formalitäten erledigt waren und wir erfahren hatten, daß das Appartement erst um 14:00 Uhr beziehbar sein würde. Daß es einen Höchstbetrag für Geldabheben im Ausland gibt, erleichterte die Sache nicht, und zum Schluß saß ich ganz alleine im Auto und hoffte nur, daß es nie ernsthaft im Weg stehen und irgendjemand irgendetwas von mir wollen würde.

Rückfahrt

Es war ausgemacht: Wenn es in der Nacht zum Samstag nicht mehr schneit, fahren wir gleich in der Früh zurück in Richtung Schwaben. Leider schneite es nicht. Das Aufräumen klappte reibungslos, man merkte irgendwie, daß sich ein organisatorisches Verständnis gebildet hatte, unterstützt von der Tatsache, daß wir vier alle eine ähnliche Vorstellung haben, wie eine Gruppe zusammenarbeiten soll. Auf jeden Fall konnten wir um zehn Uhr das Appartement übergeben, und irgendwie wirkte es so, als wäre Madam LeMaitre angenehm überrascht ob des ordentlichen Zustands. Daß ein Glas und eine Glühbirne gestorben waren musste sie ja nicht wissen. A propos, die eigentlich fällige Kaution haben wir nie bezahlt. Erst nicht, weil wir keine Francs über die Jahreswende retten wollten und später nicht, weil es sich ja irgendwo nicht mehr lohnte.

Michi manövrierte das Auto samt Anhänger rückwärts die steile und gekrümmte Hofauffahrt mit nur einem gekonnten Anlauf hinauf. Ich erwähne das, weil es mich sehr beeindruckt hat, zur Sache tut es eigentlich nichts. Seltsamerweise nahmen wir volumenmäßig ebensoviel Zeug wieder mit nach Hause, wie wir nach Frankreich eingeführt hatten.

Die Rückfahrt dauerte wesentlich länger als die Hinfahrt, immerhin waren wir nun tagsüber unterwegs und damit gleichzeitig mit hunderten von anderen Urlaubern und Eingeborenen. An den Moutstellen bildeten sich schnell lange Schlangen, in denen sich gut Bekanntschaft mit auffälligen anderen Fahrzeugen schließen ließ. So konnten wir leicht beweisen, daß im Mittel doch jeder gleich schnell vorankommt, egal, ob er drängelt oder sinnvoll fährt – was wir selbstverständlich getan haben. In der Schweiz war eine ganze Weile kein richtiges Vorankommen mehr. Aber trotzdem kamen wir müde und glücklich, so wie es sich gehört, in Aach an.

Skifahren

Deshalb waren wir ja da. Die drei Jungs fahren seit frühester Kindheit, da bin ich schon wie ein Klotz am Bein dahergekommen. Wäre Claudia mitgekommen, hätte ich nicht das Gefühl gehabt, daß immer einer extra für mich seine doch verhältnismäßig teure Fahrzeit opfern muß. Andererseits hätte ich dann sicher nicht so schnell gelernt.

Samstag, 29.12.

Es hat geregnet, und zwar richtig widerlich. Trotzdem – und da wir das Appartement erst am Nachmittag beziehen konnten – haben wir einen Halbtagesskipaß besorgt. Ich habe mich seit langem nicht mehr so schlecht gefühlt. Alles war naß, ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, stand saublöd am Hang rum, konnte nicht umdrehen, konnte ja eigentlich gar nichts, und weiß bis heute nicht, wie ich diesen Berg wieder runtergekommen bin. Martin und Michi kamen auch nach einer Weile wieder. Sie waren auf dem Beauregard im Schneesturm unterwegs gewesen und hatten der Sache wohl auch keinen rechten Spaß abgewinnen können. Wir waren naß bis auf die Haut, und wenn ich gekonnt hätte, wäre ich wieder nach Hause gefahren. Zum Glück konnte ich nicht...

Sonntag, 30.12.

20cm Neuschnee und herrlicher Sonnenschein. Während Martin und Michi sich auf dem Balme im Tiefschnee ausgetobt haben, bekam ich meine reelle Chance, auf einer grünen(=ganz einfach) Piste erste ernsthafte Skifahrversuche zu machen. Patrick war zwar ein sehr ungeduldiger Lehrer, aber da diese Piste wirklich so flach war, daß es ein Ding der Unmöglichkeit ist zu fallen, hatte ich das mit den Pflugbögen eigentlich bald raus. Schwierig war allerdings das Abbremsen nach der Kurve. Ich bin jedes Mal etwa 50m völlig unkontrolliert geradeaus geschossen, mit dem Gleichgewicht und dem mich regelmäßig verlassenden Mut kämpfend. Ein Pistenbegrenzungspfosten musste leider dran glauben, die Spuren konnte man noch Tage später sehen. Man sollte aber die Schwierigkeit, die Skier kontrolliert zu belasten nicht unterschätzen. Auch der menschliche Reflex, sich in die Richtung zu lehnen, in die man sich gerne bewegen möchte, ist sehr hinderlich. Bei meinem ersten kläglichen Schussversuch bin ich dem Wald schon bedrohlich nahe gekommen! So macht Skifahren Spaß, und so verliert sich auch die Angst. Am Nachmittag waren wir schon auf den blauen Pisten unterwegs, zwar noch als Verkehrshindernis, aber doch zumeist als mehr oder weniger aufrecht stehender Mensch. Zur Abfahrt ins Tal am Abend – um fünf Uhr schließen die Lifte – traf man sich, und auch gegen meinen ausdrücklichen Wunsch wurde gemeinsam zurückgefahren. Hingefallen bin ich nicht mehr. Nun ja, beim Schlangefahren, das bedeutet, im Pflug hintereinander so, daß die Ski des Hinteren jeweils in die Ski des Vorderen greifen, hat es mich richtig auf den Ski geschlagen. Der blaue Fleck, der sich über eine Länge von 20cm den linken Oberschenkel hinzog, war sehr eindrucksvoll.

Montag, 31.12.

Da es ja mit dem Pflug schon ganz gut klappte und ich aufgrund der Erfolgserlebnisse des vergangenen Tages in Hochstimmung war, suchte ich den einzigen Berg mit einer blauen Gipfelabfahrt heraus: Da will ich hin! Michi war auch bereit, den Vormittag mit mir damit zu verbringen, auf den L’Etale zu gelangen, während Martin und Patrick wieder in Richtung Balme und Tiefschnee unterwegs waren. Eigentlich wäre das auch gar kein Problem gewesen. Nach einer Runde Aufwärmen auf bekannter grüner Piste fuhren wir hinauf, nur um festzustellen, daß die blaue Abfahrt zur Talgondel (um von einem Massief zum andern zu kommen, muß man das dazwischenliegende Tal ja irgendwie überqueren) gesperrt war. Nun gut, also die rote. Das geht schon! Es ging auch, nur wie halt. Da ich weder bremsen noch wirklich lenken konnte lag ich mehr am Boden, als daß ich gefahren bin. Schon alleine die Optik der roten Buckelpiste war einschüchternd. Ich weiß nicht, wo Michi die Engelsgeduld hergenommen hat. Immer wieder hat er die Skier eingesammelt, immer wieder geeignete Wendemöglichkeiten gefunden, immer wieder ein ermutigendes „Wird schon besser!“ (Das war zwar eine Lüge, aber egal!) gerufen. Das mit dem Bremsen konnte ich nachher immerhin. Und fix und fertig war ich auch. Die Auffahrt zum Gipfel war kalt, es wehte ein eisiger Wind. Aber schon bei der Fahrt zur Mittelstation merkte ich, daß ich auf der roten Piste trotz allem einiges gelernt hatte. Obwohl ich immer noch alle paar Meter zum Atmen anhalten musste und auch sonst eher eine Schnecke als ein Skifahrer war, bin ich doch mit nur einem Sturz und fast am Stück die im unteren Teil sogar vereiste Piste runtergekommen. Da der L’Etale für die guten Fahrer nichts zu bieten hatte, verbrachten wir den Nachmittag wieder auf unserem Hausmassief. Hier entwickelte ich zum ersten Mal eine echte Abneigung gegen eisige Pisten. Nicht, daß ich gestürzt wäre, aber Eisplatten bedeuteten für mich unkontrollierbares Dahinrutschen in Richtung bergab. Außerdem kosteten sie Kraft.

Dienstag, 01.01.

Meine Fahrerei muß überzeugend gewesen sein, denn es war beschlossen worden, daß ich bei gutem Wetter mit hinauf dürfte, ganz hinauf, mit auf den Balme. Das Wetter war gut, herrlicher Sonnenschein, wie die ganzen Tage. Aber bevor das große Abenteuer losgehen sollte, musste ich noch den Stemmbogen erlernen. Und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, echte Kontrolle über die Skier zu haben. Die Abfahrt, die ich am ersten Tag mit Heulen und Zähneklappern in einer guten halben Stunde runtergerutscht war, schaffte ich in acht Minuten. Das ist zwar noch nicht toll, aber immerhin! Und so richtig gestürzt bin ich seit diesem Tag auch nicht mehr. Nach dem Mittagessen ging es dann hinauf. Ganz rauf auf den Aiguille. Von dort aus ein kleines Stück die rote Piste runter bis zur Bergstation der Gondel. Martin wollte mit mir nicht die Abfahrt wagen, sondern lieber den Lift nehmen. Die Piste ging überraschend gut, sturzfrei, und so langsam, wie wohl nie wieder jemand diesen Berg hinuterschleichen wird. Martin vertrieb sich die Wartezeit mit Schanzübungen, während Patrick und Michi schon auf dem Weg nach ganz unten waren. Glücklich unten ging es wieder hinauf. Und zwar wirklich ganz hinauf, da hinauf, von wo aus man den Mt. Blanc sehen kann. Und wir haben ihn gesehen, und hundert andere Berge auch, in einem bombastischen sonnenüberfluteten Panorama. Ein genialer Ausblick, nur getrübt durch die Aussicht, wieder hinunterfahren zu müssen. Da wäre dann doch etwas mehr Fahrgefühl gefordert gewesen, als ich es mitbrachte. Na ja, runter bin ich schon gekommen, und als Michi sich erbarmt hat, vor mir herzufahren und sozusagen den Weg vorzugeben, lief es auch ganz flüssig. Nach einer zweiten Abfahrt ging es zurück zur Gondel, wieder hinauf auf den Aiguille und dann von ganz oben nach ganz unten. Sie waren der Meinung, so blöd würde ich mich gar nicht anstellen. Nun ja, das mit dem Stehenbleiben auf den Brettern hatte ich vielleicht schon verhältnismäßig schnell raus, aber das mit der Geschwindigkeit? Schisser bleibt halt Schisser.

Mittwoch, 02.01.

Da es am Dienstag eine gute Taktik war, blieben Patrick und ich vormittags wieder auf bekannter Strecke, um Technik zu üben. Für den Nachmittag wollten uns dann Martin und Michi für den Balme abholen. Obwohl Patrick darauf bestand, daß ich irgendwelche seltsamen Dinge mit dem Skistock anstellen sollte, und der Meinung war, es sei an der Zeit, den Parallelschwung zu versuchen, schaffte ich 100 Bögen am Stück. Laut Patricks Aussage, war zwar noch alles falsch, und überhaupt ähnelte das Ganze eher Rollschuhlaufen denn Skifahren, aber „für einen Anfänger gar nicht schlecht!“. Was will der Mensch mehr? Die Talabfahrt ging in unter sechs Minuten. Das war überhaupt ein sehr erfolgreicher Vormittag, ich schaffte längere Strecken am Stück und war auf der Piste gelegentlich schon der, der ausweichen musste, weil ein anderer langsamer war. Zum Glück waren viele Skikurse unterwegs, die unverhoffte Pausen ermöglichten. Nach dem Essen ging es wieder in Richtung Balme, aber nun war nichts mehr mit Gondelfahren. Wenn man von den Ziehwegen absieht, die mir wegen ihrer naturgemäßen Schmale irgendwie unheimlich waren, hatten diese ganzen Abfahrten viel von ihrer Unbezwingbarkeit verloren. Anstrengend bis zuletzt, aber durchaus machbar. Was mir noch einen Tag vorher nicht zugetraut wurde, gelang sturzfrei, natürlich wieder in Zeitlupentempo mit permanenten Zwischenstops. Es ist ein Systemfehler, daß der schwächste Fahrer am wenigsten Pause hat, weil die anderen, die ja schon ungeduldig warten, sofort weiterfahren, sobald der letzte – und aus unerfindlichen Gründen war das immer ich – angeschnauft gekommen ist. Den Nachmittag verbrachten wir beim Schlepper auf dem Balme, mein Tagesziel, diese Abfahrt in einem Zug zu fahren, erreichte ich. Auf dem Rückweg gelang mir dann, was wohl beeindruckte. Vielleicht war ich schon zu fertig, um den Spaß aus Martins Stimmer herauszuhören, als er mit Blick auf die kurze schwarze Buckelpiste meinte: Hier geht es jetzt runter. Obwohl ich irgendwie glaubte zu wissen, am Vortag eine andere Strecke gefahren zu sein, vertraute ich dem Ganzen soweit und meinte nur: ok. Und ich bin auch tatsächlich da runtergefahren. Einmal ausgerutscht, aber ansonsten stehend. Und das im wörtlichen Sinne, denn nach jeder Wende musste ich ja nach einem schönen Bergchen Ausschau halten, den für die folgende Kurve zu umrunden sich anbot. Michi war so lieb und blieb bei mir, die beiden anderen waren schon längst unten, als wir angewackelt kamen. Ich konnte kaum noch Stehen, das war der erste Tag, an dem ich permanent auf den Skiern unterwegs war, am Nachmittag ja dann den Jungs hinterher, immer mit dem Gefühl, zu langsam zu sein. Die Abfahrt ins Tal des Balme war vereist, schmal und wieder sehr anstrengend. Aber zugegeben wird ja bekanntlich nichts, auch wenn ich glaube, daß ich schon ziemlich knatschig war auf diesen letzten Metern. Wie ich den Berg runtergekommen bin weiß ich nicht. Irgendwann ging es sogar wieder ganz gut, vielleicht war da noch eine letzte Kraftreserve gewesen, aber ich musste mich vor jedem Schwung überreden, jetzt nicht stehen zu bleiben und mich hinzusetzten. Ein Glück, daß Patrick meine Skier zum Appartement getragen hat.

Donnerstag, 03.01.

Ich war nicht die einzige, die an diesem Donnerstag mit schweren Beinen aufgestanden ist. Auch machte sich der fehlende Schnee – es hatte ja die ganze Zeit über nicht mehr geschneit – bemerkbar, die neuen Skier von Patrick, Martin und Michi hatten schon stark gelitten. Trotzdem trafen wir uns wieder am Schlepper am Balme, wo es wegen der Höhenlage noch einigermaßen gute Pistenverhältnisse hatte. Die Abfahrt zur Balm-Talstation war bereits sehr steinig und erforderte einiges an Zielvermögen. Weil keine wirkliche Stimmung aufkommen wollte, wurde beschlossen, um zwei wieder zurückzufahren und lieber einen gemütlichen Nachmittag im Ort zu verbringen. Auf Befehl von oben übte ich noch ein bisschen Stockeinsatz, dann ging es auf den wegen der vielen Steine geführten Rückweg ins Tal. Bis auf einige Male schaffte ich es, die vorgegebene Spur zu halten. . Eine kleine dreifache Bodenwelle, die mich auf bemerkenswert elegante Weise zu Fall brachte, rundete den Tag humorvoll ab. Das war wohl das einzige Mal, daß ich lachend mit dem Gesicht im Schnee dagelegen bin. Aber ich war nicht der einzige, der am Lachen war

Freitag, 04.01.

Michi war nicht mehr mit dabei, er war in die nächste Stadt gefahren, um wegen des Autos auf Nummer Sicher zu gehen. Wir drei anderen verbrachten den Vormittag wieder am Schlepper auf dem Balme. Die Devise: Jetzt fährt halt jeder, wie er will, und wenn einer keine Lust mehr hat, treffen wir uns hier oben und fahren zurück. Hatte ich etwas zu wörtlich genommen. Nach meiner ersten, für mein Gefühl mutigen und selbstsicheren Fahrt, erwartete mich oben ein grimmig schauender Patrick mit den Worten: Was glaubst Du eigentlich, was Du da machst? Du hängst rum wie ein Fragezeichen, und wo ist der Stock, und ein bisschen Knieeinsatz könnte man auch sehen! Tja, also eine konzentrierte Runde, die mir dann immerhin das Lob vom Martin einbrachte, daß es schon ganz gut aussehen würde. Wegen der schlechten Pisten sind wir die komplette Abfahrt ins Tal mit dem Lift gefahren, nur das letzte Stück, das beschneit wurde, ging wieder. Bei dieser definitiv letzten Skifahrt meines Lebens (nun ja, zumindest auf absehbare Zeit) kam ich dann noch an die Grenzen der Bindung und ein Skier verabschiedete sich etwa 500m vor dem Ziel. Schade, aber immerhin beweist das, daß sich doch ein kleiner Fortschritt in der Kraft meiner Fahrversuche eingestellt hatte.

Liften

Was ja irgendwie zum Skifahren gehört, wenn man nicht wie die Telemarker den Berg rauffahren möchte, ist das Liften. Es ist eine der großen Herausforderungen auf dem verschneiten Berg, gleich in einer Reihe mit Skischuhe zumachen, mit Skischuhen laufen, dabei die Skier tragen, ohne jemanden zu erschlagen, etc.

Zum Glück gibt es in LaClusaz keine Bügellifte, diese Erfahrung habe ich also bisher ausgespart, aber schon ein einfacher Sessellift hat so seine Tücken. Beim ersten Versuch auszusteigen, lag ich erst mal bäuchlings im Schnee. Und das war bis zum Schluß so eine Sache. Man kann das Gleichgewicht verlieren, man kann die Skier kreuzen, man kann mit der Jacke hängen bleiben, und ich bin sicher, daß ich nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe, was man alles falsch machen kann. Dafür ist das Tellerlift fahren eine Kunst für sich. Wenn man erst mal unterwegs ist, kann eigentlich nicht mehr viel passieren, aber bis es soweit ist, kann dafür ziemlich viel schief laufen. Ein Spaß ist es, wenn man versucht, senkrecht zum Hang loszufahren. Das passiert, wenn man sein Hirn ausschaltet und so tut als wäre man auch innerlich blond. Ebenso lustig ist es, wenn man zu weit nach vorne rutscht und dann sozusagen von hinten überfahren wird. Sehr unterhaltsam, nur leider ein Zeugnis für absolute Hilflosigkeit. Ich hatte meine ersten Tellerliftversuche, als Martin gerade Kindermädchen spielen musste. Sobald ich einmal lebend einen kurzen Lift hinaufgekommen war, musste es gleich ganz hinauf gehen. Was „Teleski difficile“ bedeutet habe sogar ich verstanden. 1,7km den Berg rauf, vielleicht war es diese Aussicht, auf jeden Fall brauchte ich zwei Versuche. Bis ich aber wieder auf den Beinen war, zurückgestiefelt, die Skier angeschnallt und in eine hangparallele Position gekommen war, verging viel Zeit. Der Mensch am Lift hat mich dann so mehr oder weniger auf die Reise geschoben, aber Martin war doch sehr erleichtert, als ich endlich oben angekommen war.

Essen

Die Thalers hatten eingekauft und es tatsächlich geschafft, einen käsefreien Speiseplan zu erstellen! In der Hinsicht war es sicher gut, daß Claudia nicht dabei war, denn zusätzlich fleischfrei wäre wohl ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Soweit ich mich erinnere hat Michi jeden Abend gekocht. Und er hat das auch ausgesprochen gut gemacht, keine Frage.

Ein Phänomen war allerdings, daß es immer viel zu viel gab. Die Schuld wurde mir in die Schuhe geschoben, weil ich eben nicht wie ein ausgewachsener Kerl gefuttert habe, obwohl ich essenstechnisch den Anstrengungen des Tages schon Rechnung getragen habe. Besser zuviel als zu wenig, aber der tägliche Kampf, frei nach dem Motto, wer nicht aufpasst kriegt den Teller noch mal voll, war schon sehr anstrengend. Trotzdem ist nach einem Resteessen am Donnerstag nicht mehr viel mit zurück gefahren.

Wer in Frankreich ist, muß auch essen wie die Franzosen. Martin stand jeden morgen eine halbe Stunde früher auf, um im Ort Croissants und Baguette zu kaufen. Ganz frisch und echt französisch, das war so richtig fein. Das Baguette wurde zum Vespern hergerichtet und mit auf die Piste genommen. Die Bürde des Rucksacks lag immer automatisch bei dem, der mit mir gefahren ist. Es stehen den Skifahrern immer wieder an Liftstationen Räume zur Verfügung, wo sie mitgebrachtes Essen verspeisen dürfen, ohne auf die teuren Bergrestaurants angewiesen zu sein. Das war nicht nur praktisch, sondern auch hochwillkommen. Um das Baguette zu vertilgen haben wir uns immer irgendwo getroffen, zuerst an der Mittelstation des Aiguille, später dann am Balme. Dort wurde auch das Modespiel der zweiten Wochenhälfte erfunden: Man schlage sich mit einer leeren Plastikflasche gegenseitig auf den Kopf, so, daß ein möglichst lauter Knall entsteht. Vielleicht hat der Rauch der nebenan kiffenden Franzosen ein übriges getan, auf jeden Fall ist es ein Wunder, daß bei den Ausschreitungen beim Bluffen oder den Reaktionen auf frauenfeindliche Aussprüche nichts zu Bruch gegangen ist. Zum Trinken hatten wir reimportierten Himbeersirup, der dann im Laufe der Zeit von Zitronensirup und eine Art Grapefruit-Limonade (ich habe den Namen vergessen, aber das leckere Zeug gibt es wohl nur in Frankreich) Unterstützung bekam.

Rien ne va plus. Nichts geht mehr! Sylvester um halb sieben, als alle geduscht und gerichtet waren stellten wir fest: Das Fondue-Fleisch hätte man vielleicht aus dem Gefrierfach nehmen sollen. Vor uns lagen drei tiefgefrorene Fleischberge, ein dunkelroter BSE-Berg, ein hellroter Amvitamin-Haufen und ein grauer Putenscheibchen-Stapel. Der Versuch, das Fleisch im Ofen vorsichtig aufzutauen stieß bei Martin und Patrick wegen der langfristigen Planung auf Unverständnis. Sie zogen es vor, mit Messern bewaffnet der Klumpen-Nahrung auf die Pelle zu rücken. Irgendwie funktionierte das dann auch, und in einer Kombination von antauen und absäbeln kamen wir zu unserem Abenteuer-Fondue der besonderen Sorte. Zehn verschiedene Saucen und Dips taten das übrige und so wurde der letzte Tag des Jahres 2001 ein ziemlich verfressener. Die Jungs hatten mit 300g pro Person kalkuliert. Das Ende vom Lied: Es war viel zuviel. Nachdem jeder bis zum Anschlag vollgegessen war, lagen immer noch eine ganze Menge, inzwischen aufgetaute, Fleischstücke auf dem Teller. Martin gab nicht auf, und schaffte sie tatsächlich alle, bis zum letzten. Respekt!

Obwohl Mittwoch skifahrtechnisch ein Hammertag gewesen war, war um sechs Uhr noch lange nicht Zeit, die Beine hochzulegen und eine Runde Uno zu spielen, bevor jeder langsam aber sicher in Richtung Schlafkoje verschwindet. Es sollte Käsefondue geben, und zwar außer Haus. Michi hatte bei der Talabfahrt in einer Lokalität – ein wunderschönes Holzhaus, bewirtschaftet von eine Reihe noch recht junger Leute – einen Tisch reserviert. Die Hütte stand auf halber Höhe des letzten Stücks Piste. Ich konnte zwar kaum noch stehen, aber das schließt ja einen abendlichen Spaziergang die Piste wieder rauf nicht aus. Auch das ging irgendwie. Das Lokal war wirklich schön, alles aus Holz und richtig urig eingerichtet. Der einzige Nachteil: Es liegt in Frankreich, und auch, wenn die Währung inzwischen angeglichen worden war, sprachen die Leute kein Wort Deutsch. Martin und Michi haben das aber ganz gut gemanaged, auch wenn die Speisekarte trotz kräftigem Einsatz des Langenscheidts weitgehend ein Rätsel blieb. Während die drei ihr Käsefondue aßen hatte Michi für mich irgendwas rausgesucht, dessen Namen ich beim besten Willen nicht mehr weiß. Es war ein Salat (sans fromage!), dann Kartoffelecken und ein Stück Fleisch, dazu Gratin, das ich – auch wegen der großen Menge – nicht mehr gegessen habe. Es war gut, wenn auch wieder sehr reichlich. Das Fondue brannte an, wie sich das für Käsefondue gehört. Lustig war die Geschichte mit dem Nachtisch. Obwohl wir eigentlich wirklich satt waren, gab es für jeden ein Dessert. Das konnte man aus der Dessertkarte auswählen. Kryptographie war gefragt. Wir hatten keine Chance, allerdings antwortete auf die eher verzweifelte als ernst gemeinte Frage des Kellners, ob nicht irgendwer Deutsch spreche, die Familie am Nachbartisch. Und die konnten wirklich gut Deutsch. Wer mich fragte, was Preiselbeerkuchen auf Vanilleeis auf Englisch heißt, bekäme sicher dieselbe Antwort wie auf die Frage nach Bratäpfeln oder Bisetstücken. Der Nachtisch war super-lecker, trotzdem versuchte wieder jeder, seinen Teil jemand anders anzudrehen. Wer satt ist, hat auch keinen Appetit mehr auf Schokoladenkuchen. Die Geldbüchse, die uns zum Füllen gereicht wurde, bestückten wir kreativ mit Franc und Euro, dabei machten wir wohl einen so verwirrten Eindruck, daß uns sogar ein Taschenrechner angeboten wurde.

Abendveranstaltungen

Um fünf Uhr schließen die Lifte. Das bedeutet, daß man spätestens um sieben Uhr zurück im Appartement ist und noch den halben Tag vor sich sieht. Langweilig war uns sicher nicht, außerdem wird ja auch nicht bis spät nachts gefeiert, denn am nächsten Tag um halb acht heißt es ja wieder: Guten Morgen miteinander, die Sonne scheint! Patrick hatte eine Reihe Gesellschaftsspiele dabei, und abgesehen davon bietet LaClusaz auch Beschäftigungsmöglichkeiten.

Bluff

Vielleicht die meiste Zeit haben wir geblufft. Jeder beginnt mit fünf Würfeln, die jeweils die Augenzahlen 1 bis 5 und einen Stern haben. Der Stern steht für die gerade aktuelle Zahl. Dann wird gesetzt, und da man ja nur seine eigenen Würfel kennt, beginnt hier das taktieren. Denn der nächste muß sich ja entscheiden, ob er die Angabe erhöht oder anzweifelt. Im Prinzip ähnelt das Spiel ein wenig dem bekannten „Mäxle“, ist aber viel abwechslungsreicher und auch interessanter. Wie gesagt, stundenlang und mit wachsender Begeisterung. Angeblich habe ich einen sehr erheiternden Gesichtsausdruck, wenn ich an die Reihe komme, und so ganz offensichtlich nicht weiß, was ich tun soll. Patrick und Martin haben sich ganze Schlachten geliefert, um jeden einzelnen Würfel gekämpft und am Schluß statistisch gewonnen. Ein schönes Spiel, das zumindest ein wenig zu analysieren wir uns nicht verkneifen konnten.

Nobody’s perfect

Das Spiel ist hoffentlich bekannt.

Es war hervorragend, in dieser Besetzung zu spielen, jeder hatte gute Einfälle, und die jeweils persönlichen Methoden, dem Ganzen einen zusätzlichen humorvollen Touch zu geben, ließen das Spiel zu einem echten abendlichen Highlight werden. Obwohl es mehr als eine Runde köstlicher Antworten gab, finde ich eine Runde einfach genial. Ich war Spielführer und Martin antwortete auf die Frage „Was verkaufte der berühmt-berüchtigte Dr. Eisenbart 17nochwas für 12 Gulden?“ mit irgendetwas kryptischem wie Kytoma-Tropfen, wobei ich nicht entziffern konnte, ob es sich um ein M oder ein N handeln sollte. Auf meine Bitte hin, etwas deutlicher zu schreiben, verbesserte er seinen Vorschlag in Kalaver-Pulver, was ja nun nichts mehr mit der vorherigen Antwort zu tun hat (außer der Tatsache, daß es absoluter Unsinn ist!) und bei mir – und dadurch ausgelöst auch bei Martin – den ersten Lacher hervorrief. Der Effekt, daß dann sowohl Patrick als auch Michi auf diese Antwort reingefallen sind tat ihr übriges.

Risiko

Die Schachtel war dabei, also musste wenigstens einmal Risiko gespielt werden. Keine wirklich gute Idee, denn Patrick nahm das Spiel leider viel zu ernst und fühlte sich von allen Seiten angegriffen. Martin hat letztendlich gewonnen und wir haben ferner die Finger von oppositiven Beschäftigungen gelassen.

Uno

Nach einem allgemeinen Abgleich über die Spielregeln konnte es losgehen. Michi war unschlagbar, was das Ziehen von Strafkarten für absolute Orientierungslosigkeit angeht.

20ab

Und noch ein Kartenspiel. Es geht darum, in einer Runde (gespielt wird mit fünf Karten – insofern ging es in unserer Viererrunde noch ganz human zu) mindestens einen Stich zu machen. Dabei gibt es jeweils eine Trumpffarbe (gewählt vom Spieler neben dem Geber) und einen Trumpfwert (gewählt vom folgenden Spieler). Wer keine Chance auf Erfolg sieht, darf passen, es sei denn, Kreuz ist Trumpf. Herz zählt doppelt. Es gibt noch andere Regeln, aber ich denke, daß Prinzip ist klar. Für jeden Stich wird einem ein Punkt abgezogen, bekommt man keinen Stich, werden vier Punkte aufaddiert. Das Ziel ist, seine 20 Punkte loszuwerden, wobei man mit weniger als fünf Punkten nicht mehr passen darf.

Ein Spiel, daß man gut neben Unterhaltungen spielen kann, solange man nicht in eine der „da hättest Du selber dran denken müssen, das gibt zehn Punkte“ – Fallen tappt.

Romme

Dieses Kartenspiel zählt zu Patricks Lieblingsbeschäftigungen. Martin und Michi kannten es nicht, ich hatte schon mal eine bunte Mischung aus Canasta und Romme gespielt, so daß mir die Regeln hier ein wenig steif vorkamen. Trotzdem lief es bemerkenswert zügig und flott, hat Spaß gemacht, obwohl Romme kein solches Gute-Laune-Spiel ist wie beispielsweise Uno.

Reifenrutschen

Traktorreifenschläuche eignen sich hervorragend, um damit verschneite Abhänge hinunterzurutschen. Sie sind auch ideal, um damit Kinder schier über den Haufen zu fahren und nur durch Abspringen vor Erreichen des Endes des Auslaufs zum Halten zu kommen. Wenn man dann noch vier Mann auf zwei Schläuche platziert und diese koppelt, entsteht ein richtiges Geschoß. Nur Angst darf man nicht haben, und Schneeallergie ist ebenso ungünstig, denn eigentlich jeder wird von oben bis unten mit Schneestaub eingepudert. Und zwar nicht nur beim Bremsen, wie auch immer geartet das vonstatten geht. Michi schien nicht ganz so halsbrecherisch veranlagt zu sein, wie der Rest der Truppe. Er suchte immer rechtzeitig das Weite. Ein Dialog ist so schön bezeichnend für den Ablauf einer Rutschpartie: Michi(war der vordere im hinteren Reifen): Warum hast Du mich nicht losgelassen, als ich geschrieen habe? Patrick(hatte Michis Beine umklammert): Du hast die ganze Zeit geschrieen! Michi: Aber wenn ich eine Oktave höher und doppelt so laut schreie wie sonst, dann musst Du mich doch loslassen!

LaClusaz

An den letzten beiden Tagen waren wir ja nur vormittags auf der Piste und hatten so viel Zeit zum Bummeln und Einkaufen. Bemerkenswert waren die Allrad-Pandas (4x4-Panda) und die Schokoladen-Konfiserie. Ein ganzer Laden voller Süßigkeiten. Aber nicht so plump Bonbons und Tafelschokolade, sondern liebe- und gehaltvoll hergerichtete Törtchen, von denen eines eine ganze Familie für einen Tag satt gemacht hätte. Super-lecker! Und während Michi und vor allem Martin der Sucht schon am ersten Tag verfallen waren, beherrschten sich Patrick und ich bis Donnerstag. Das war nämlich der Tag, an dem wir das Geschäft zum ersten Mal betreten haben – und da gibt es dann natürlich kein Halten mehr.

Auf dem Marktplatz standen Spiele herum; der sofort geweckte Spieltrieb ließ uns alle Würde vergessen und uns auf Abalone- und Holzscheibenziel- oder Kugelblasespieltische stürzen. Das Abalonematch zwischen Martin und Michi wurde ein richtiger Klassiker. Da Patrick sich nicht zurückhalten konnte und Michi andauernd unterstützte, war der Spielausgang zwar nicht ganz fair, aber dafür umso spannender.

Freitag waren fahrende Künstler unterwegs. Als Spielleute verkleidet sorgten sie für Musik, knallten mit der Peitsche und verteilten schließlich großzügig Ungeziefervernichtungsmittel. Dieser stark stinkende Qualm wurde jedem, der nicht schnell das Weite suchte unter die Mütze oder in den Jackenkragen geblasen. Martins Kappe stank noch Tage später penetrant nach diesem Zeug.

Ist es wahr, daß...?

·          ein Mensch an Toilettenraumspray ersticken kann?

·          Madam LeMaitre schneller redet als Eddie Murphy?

·          Franzosen ihre Verteilersteckdosen nach Art eines MacGyver selber herstellen?

·          die Kirche in LaClusaz die Sylvesternacht nur durch Zufall überstanden hat?

·          übermäßiger Genuß von Schokolade nur selten zum Tode führt?

·          die größte Herausforderung am Skifahren ist, die Skischuhe zuzumachen?

·          Martin im Schneesturm zwei Meter weit fliegen kann?

·          Doktor Eisenbart Kalaver-Pulver verkauft hat?

·          Patrick beim Bluffen immer genau doppelt oder halb so viele Sterne hat, wie er behauptet?

·          Franzosen das ganze Jahr über mit Sommerreifen, dafür aber im Winter mit Schneeketten fahren?

·          Michis Auto gerne die Aufmerksamkeit auf sich zieht?

·          Geneve Genf heißt?